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Kava-Kava-Wurzelstock - Piperis methystici rhizoma [DAC 1998]

Stammpflanze: Piper methysticum G. FORST. / Kawapfeffer, Rauschpfeffer [Fam. Piperaceae / Pfeffergewächse]. Synonyme: Macropiper latifolium MIQ., M. methysticum (G. FORST.) HOOK. et ARNOTT., Piper inebrians SOLAND.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Ausdauernder, 1 bis 4 hoch werdender, diözischer Strauch mit großen, bis 30 cm langen, kurz gestielten, breit oval bis herzförmigen Blättern, die im durchscheinenden Licht drüsig punktiert erscheinen. Die Blüten sind klein und unscheinbar, ohne Perianth, in 3 bis 9 cm langen, ährenartigen Blütenständen angeordnet (es sind lediglich Pflanzen mit männlichen Blütenständen bekannt!).

Verbreitung: Ursprüngliche Heimat unbekannt, ebenso keine Wildpflanzen. Der Ursprung der Art wird auf Neuguinea oder den Neuen Hybriden vermutet. Neuere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass P. methysticum mit P. wichmannii C. DC. identisch ist. Diese fertile Arte kommt auf Papua-Neuguinea, den Salomoninseln um im nördlichen Teil von Vanuatu vor und ist dem Rauschpfeffer zum Verwechseln ähnlich.

Droge: Der meist geschälte und geschnittene, überwiegend von den Wurzeln befreite getrocknete Wurzelstock mit einem Mindestgehalt an Kavalactonen von 3,5 %.

Beschreibung der Droge: Ein bis fünf Zentimeter dicke, gelegentlich auch größere Längs- und Querstücken von verschiedener Form. Außen weißlich oder hellgelbbraun, innen weiß bis weißlichgelb mit einzelnen hell- und dunkelbraunen Stellen. Der Bruch ist fasrig. Im Querschnitt ist innen ein heller Kern vorhanden, der von einem durch zahlreiche Holzstrahlen strahlig gefächerten Holzkörper und zuweilen von einer dünnen Rinde umgeben ist. Bei älteren Rhizomen im zentralen Bereich zahlreiche Spalten und Höhlungen, die durch Zerstörung des Parenchyms entstanden sind. Ungeschältes Rhizom außen grau bis graubraun, ebenso die gelegentlich noch vorhandenen Wurzeln. Im geschnittenen Zustand sind relativ weiche, gelblichweiße Bruchstücke zu erkennen.

Geruch und Geschmack: Geruch schwach aromatisch, Geschmack leicht bitter, pfefferartig, seifig-kratzend und zusammenziehend: Beim Kauen kommt es zum Speichelfluss und zu einer lang andauernden Anästhesie der Zunge.

Herkunft: Kulturen besonders Polynesiens (Tonga, West-Samoa) und Melanesiens (Vanuatu, Fidschi-Inseln).

Inhaltsstoffe: Mindestens (DAC 1998) 3,5 %, häufig jedoch über 5 % Kavalactone mit ca. 1,8 % Kavain, 1,2 % Methysticin, jeweils 1 % Desmethoxyangonin und Yangonin, 0,6 % Dihydrokavain und 0,5 % Dihydromethysticin als Hauptkomponenten. Als weitere Inhaltsstoffe geringe Mengen ätherisches Öl und Flavonoide, als Reservestoffe reichlich Stärke.

Wirkungen und Wirkungsmechanismus: Anxiolytische Wirksamkeit - Der Mechanismus der angstlösenden Wirksamkeit ist bis zum heutigen Zeitpunkt nicht sicher geklärt. Es liegen unzählige Untersuchungsergebnisse sowohl von pharmakologischen Experimenten als auch von klinischen Studien vor, in denen mögliche Ursachen aufgezeigt wurden. Erwiesen sind u. a. eine Verminderung der Krampferregbarkeit, eine zentral muskelrelaxierende Wirksamkeit und eine Verlängerung der Schlafzeit bei gleichbleibenden Traumschlaf. Wie bei synthetisch hergestellten Antidepressiva tritt die Wirkung erst nach sieben bis zehn Tagen ein. Eine sedierende Komponente scheint zu fehlen, so dass auch keine Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit nicht gegeben ist.

Anwendungsgebiete: Nervöse Angst-, Spannungs- und Unruhezustände.

Gegenanzeigen: Schwangerschaft, Stillzeit, endogene Depressionen.

Unerwünschte Wirkungen: Bei länger dauernder Einnahme kann es zu einer vorübergehenden Gelbfärbung der Haut und Hautanhangsgebilde kommen, wodurch ein Abbruch der Therapie erforderlich wird. In seltenen Fällen sind ferner allergische Hautreaktionen, Akkomodationsstörungen, Pupillenerweiterungen sowie Störungen des okulomotorischen Gleichgewichts möglich.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Eine Wirkungsverstärkung von anderen zentralwirksamen Mitteln wie Alkohol, Barbituraten und Psychopharmaka ist möglich.

Wichtiger Hinweis: Am 17. Juni 2002 hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Zulassungen Kava-Kava-haltiger Arzneimittel widerrufen. Es begründet seine Entscheidung damit, dass diese Arzneimittel schwere Nebenwirkungen an der Leber verursachen können und dass diesen Risiken kein ausreichender Nutzen gegenüber steht. Nicht betroffen von der Anordnung des BfArM sind homöopathische Präparate, bei denen die Kava-Kava-Menge sehr niedrig ist.
Dem BfArM liegen über 40 Einzelfallberichte aus Deutschland über großenteils schwerwiegende Leberschäden vor, die im Zusammenhang mit der Anwendung von Kava-Kava- oder Kavain-haltigen Arzneimitteln aufgetreten sind. Es gibt Hinweise darauf, dass die Leberschäden relativ häufiger und schwerer bei höheren Dosierungen sind. In sechs Fällen war es zu einem so weitgehenden Leberversagen gekommen, dass eine Lebertransplantation notwendig wurde. Drei Patienten starben an den Folgen des Leberschadens. In mehreren anderen Fällen konnte die Leber sich nach Beendigung der Kava-Kava-Medikation wieder erholen.
Nach Auffassung des BfArM haben die von den pharmazeutischen Unternehmern vorgelegten systematischen Untersuchungen zum therapeutischen Nutzen der Kava-Kava-Präparate entweder (bei Dosierungen bis 120 mg) praktisch keinerlei Hinweise auf eine Wirksamkeit in den beanspruchten Anwendungsgebieten ergeben oder (Dosierungen oberhalb 120 mg) es bestand zwar ein gewisser Anhalt für eine mögliche Wirksamkeit, aber die Nachweisqualität entsprach keineswegs den heutigen Anforderungen. Daher kann das anscheinend höhere Risiko eines Leberschadens im höheren Dosisbereich nicht durch einen hier belegten möglichen Nutzen aufgewogen werden.
Diese Entscheidung und Aussage des BfArM hat heftige Reaktionen auch in wissenschaftlichen Fachkreisen ausgelöst. Stellungnahmen zahlreicher Wissenschaftler, in denen die Entscheidung eingehend bewertet wurde, fanden sich anschließend in fast allen Fachzeitschriften. Neben Einzelpersonen hat auch die für die Bewertung von pflanzlichen Arzneimitteln zuständige Kommission E eine Stellungnahme zu dieser Entscheidung abgegeben [die Kommission E ist ein aus Hochschulprofessoren verschiedener Fachrichtungen zusammengesetztes Expertengremium]. Diese Erklärung hat folgenden Wortlaut:

"Die unterzeichnenden Experten auf dem Gebiet der pflanzlichen Arzneimittel, die alle Mitglieder, bzw. stellvertretende Mitglieder der Kommission E beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind, nehmen wie folgt Stellung zum Widerruf der Zulassung für Kava-Kava (Rhizome von Piper Methysticum) – haltige Arzneimittel durch das BfArM:
Die Mitglieder der Kommission E äußern ihr Befremden über das Vorgehen des BfArM im Rahmen des Stufenplanverfahrens und des Widerrufs der Zulassungen von Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln und fühlen sich in ihrer wissenschaftlichen Kompetenz übergangen und in ihrer Funktion in Frage gestellt.
Die Mitglieder der Kommission E sind von den vorgelegten wissenschaftlichen Daten zur Wirksamkeit von Kava-Kava überzeugt und beurteilen das Nutzen/Risiko-Verhältnis und den therapeutischen Nutzen für den Patienten im Gegensatz zum BfArM positiv. Die Mitglieder der Kommission E sind im Gegensatz zur Meinung des BfArM der Auffassung, daß keine Gefahr im Verzug vorlag, die eine derartige Maßnahme rechtfertigt.
Die Mitglieder der Kommission E teilen darüberhinaus die Auffassung des BfArM bezüglich des Risikos bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht und halten folgende Empfehlungen für notwendig und ausreichend:

  • Ärztliche Verschreibungspflicht für Kava-Kava-haltige Arzneimittel.
  • Klare Indikationsstellung: Leichte bis mittelschwere generalisierte Angststörungen. Depression ist keine Indikation.
  • Maximale Tagesdosis entsprechend 120 mg Kava-Pyronen.
  • Packungsgröße bei 120 mg Kava-Pyronen maximal 30 Einheiten.
  • Übliche Therapiedauer 1 Monat, maximal 2 Monate.
  • Bestimmung der Leberwerte (GPT und y-GT) vor Beginn der Behandlung und dann einmal wöchentlich.
  • Optional: Bestimmung der Leberwerte am Ende der Behandlung (wichtig für evt. spätere erneute Behandlung).
  • Vermeidung einer begleitenden Medikation mit potentiell hepatotoxischen Medikamenten, insbesondere auch Betablockern, Antidepressiva und Migränemitteln. Vorsicht bei Alkohol."

Dosierung und Art der Anwendung: Droge oder Zubereitungen in einer Tagesdosis für die perorale Anwendung, welche einer Menge von 60 bis 120 mg Kavapyronen entspricht. Anwendung nur unter ärztlicher Aufsicht über einen Zeitraum von maximal zwei Monaten bei gleichzeitiger Kontrolle der Leberwerte mindestens vor und nach dem Ende der Behandlung. Seit dem Widerruf der Zulassungen sind auf dem deutschen Markt keine kava-haltigen Arzneimittel verfügbar.

Sonstige Verwendung: Im Südseeraum zur Zubereitung des Kava-Getränks, welches eine Anästhesie von Z unge und Mundschleimhaut sowie ein reduziertes Geschmacksempfinden bewirkt und Wohlbefinden, Friedfertigkeit und Entspannung hervorrufen soll, ohne das Bewusstsein und die Denkfähigkeit zu beeinträchtigen.


Literatur: Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Band 6, Drogen P-Z, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1994; R. Hänsel, H. Woelk, Spektrum Kava-Kava, Aesopus Verlag 1994; M. Wichtl (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1997; Kava-Kava - ein natürliches Anxiolytikum, in: Deutsche Apotheker-Ztg. 133: 1446 (1993); Homepage des Bundesinstituts für Arzneimittel: http://www.bfarm.de/de_ver/presse/02_10de.html (Datum 19.02.03); Weitere Informationen zum Thema Hepatotoxizität und zur Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel: Teschke R, Hepatotoxizität durch Kava-Kava - Risikofaktoren und Prävention, Dt. Ärzteblatt 99: 2870 (2002); http://www.phytotherapy.org/kava-zaen-antwort.pdf


© Thomas Schöpke